re:publica 2024 – Daten und KI in der digitalen Gesellschaft

on 04.06.2024 by Dr. Matthias Böck

Wie in den letzten Jahren war FELD M auch in diesmal wieder auf der re:pubilca in Berlin vertreten und hat sich dort mit einigen der aktuell gesellschaftlich relevanten Diskurse beschäftigt. Von Daten, Datenethik und KI bis hin zur Zukunft der Pflege und persönliche Einblicke in den Krisenjournalismus war eine Menge an spannenden Vorträgen mit dabei.

Auch unsere Kollegin Dr. Ramona Greiner hat einen Beitrag geliefert und darin über agiles Projektmanagement in Liebesbeziehungen gesprochen. Das Video dazu findet ihr hier!

 

Was ist die re:publica?

Die re:publica ist eine jährlich in Berlin stattfindende Konferenz, die sich auf die digitale Gesellschaft konzentriert und Themen wie Netzpolitik, Digitalisierung, soziale Medien und Technologie abdeckt. Seit ihrer Gründung 2007 hat sie sich zu einer der weltweit bedeutendsten Veranstaltungen ihrer Art entwickelt. Die Konferenz fördert den interdisziplinären Austausch zwischen Expert*innen und Interessierten aus verschiedenen Bereichen und bietet ein breites Spektrum an Vorträgen, Workshops und interaktiven Formaten. Die re:publica will das Bewusstsein für die Auswirkungen der Digitalisierung auf Mensch und Umwelt schärfen und die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation diskutieren.

Impressionen von der auch in diesem Jahr gut besuchten re:publica 2024.

Impressionen von der auch in diesem Jahr gut besuchten re:publica 2024.

Im nachfolgenden Blogbeitrag findet ihr einen Einblick in die Vorträge der re:publica 2024, die uns in bleibender Erinnerung geblieben sind.

 

Welche Rolle spielten die klassischen FELD M-Themen Daten, KI, Datenethik und Privacy?

Viele der Vorträge beschäftigten sich mit dem (noch immer) gehypten Thema KI bzw. „Generative AI” und dessen Einsatzmöglichkeiten.

Einen differenzierten Blick darauf, was wirklich sinnvolle Anwendungsfelder oder tatsächliche Innovationen sind sowie auf die Frage, in wessen Interesse dieser Hype ist, stellten u. a. die Vorträge „KI wird uns alle retten! Es sei denn, sie tut es nicht” (Matthias Spielkamp, AlgorithmWatch) und „Empty Innovation: What are we even doing?” (tante). Für uns bei FELD M ist es eine elementare Aufgabe, zu identifizieren, was das eigentliche Problem unserer Kund*innen ist und erst danach die Frage nach der dafür geeigneten Technologie zu stellen. KI ist dabei nur eine Möglichkeit zur Lösung von vielen, aus denen wir helfen, die Passende auszuwählen.

In seinem Talk "Empty Innovation" kritisiert tante die angebliche bzw. "leere" Innovation durch generative AI.

In seinem Talk „Empty Innovation“ kritisiert tante die vielen „leeren“ Innovation à la NFT und Blockchain und denkt darüber nach, was wir von Innovationen eigentlich erwarten sollten.

 

Neben der Frage, für welche Anwendungsfälle wir KI eigentlich einsetzen wollen, ist gerade in den Bereichen GenAI oder LLMs umstritten, wie verlässlich die Modelle sind und wie wir den Wahrheitsgehalt von Inhalten beurteilen können. Machine Learning kann uns helfen, schneller falsche oder problematische Inhalte zu finden und sie zu kategorisieren oder uns darauf hinweisen, auf was wir besonders achten sollten. Am Ende ist es aber wichtig, den Menschen in den Faktencheck einzubeziehen. Mit diesem Thema befasste sich der Vortrag „Wie Wissenschaft wirkt: KI im Factchecking”. Caroline Lindekamp und Benjamin Werner von CORRECTIV stellten zusammen mit Jochen Spangenberg (Deutsch Welle) von ihnen entwickelte Lösungen vor, die uns helfen, Inhalte auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Anhand von Use Cases zeigen Caroline Lindekamp, Jochen Spangenberg und Benjamin Werner auf, wie KI uns beim "Factchecking" unterstützen kann.

Anhand von Use Cases zeigen Caroline Lindekamp, Jochen Spangenberg und Benjamin Werner auf, wie KI uns beim „Factchecking“ unterstützen kann.

 

Doch nicht nur die Frage, OB wir mit KI ein Ziel erreichen, ist wichtig, sondern auch die Kosten, die dabei anfallen. Mehrere Vorträge beschäftigten sich mit den Auswirkungen von KI auf Mensch und Natur.

Paris Marx zeigte in „The Backlash to the AI-Fueled Data Center Boom” das enorme Wachstum der Datencenter von Google, Amazon und Microsoft gerade in den letzten Jahren und die Unmengen an Wasser und Energie, die für das Betreiben notwendig sind. Marx warf die Frage auf, ob dieser eingeschlagene Weg der Gesellschaft wirklich helfen wird oder aktuell nur den Interessen der Tech-Industrie folgt.

Im Vortrag „Big Brother made in Germany: Neues Online-Tracking über Mobilfunk-Kennung“ berichteten Susanne Klausing und Torben Dzillak über ihre ausführliche Recherche zu »Utiq«, dem neuen Joint Venture der großen europäischen Telekommunikationsanbieter Vodafone, Telefónica, Telekom und Orange. Mit dem Einsatz von Utiq können Online-Aktivitäten von Mobilfunk-Nutzer*innen anhand einer Mobilfunk-Kennung verfolgt werden. Das Recherche-Team des Digital-Thinktanks D64 legte die datenschutzrechtlichen Vorzüge der Lösung dar (z. B. Extra-Consent-Banner für diesen Dienst), aber adressierte auch Bedenken: Mit Utiq sei es möglich, dass Kund*innen von Utiq den Tracking-Service mit anderen Tracking-Technologien kombinieren und damit die von Utiq eingesetzten Anonymisierungs- & Datenschutzmaßnahmen umgangen werden. Dies würde dazu führen, dass Nutzer*innen durch Utiq nicht MEHR, sondern WENIGER Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten erhalten und das Risiko von Datenmissbrauch erhöht wird.

Der Wissenschaftler und Poetry Slammer Marcel Schneuer beleuchtete in seinem Talk „(Ver-)Folgen von Sucht: Werbetracking und Suchtkrankheiten“ die daten- und werbeethische Dimension von Webtracking insbesondere für Menschen mit Suchterkrankungen. Dies ist nur einer von vielen Diskursen, die auf der re:publica in puncto Daten- und (der oft damit zusammenhängend) AI-Ethik thematisiert wurden.

Marcel Schneuer bei seinem spannenden Diskurs zur Perspektive von Suchtkranken auf verhaltensbasierte Werbung.

Marcel Schneuer bei seinem Talk zu den Auswirkungen von Werbetracking auf Menschen mit Suchterkrankungen.

 

Als Abschluss dieser kurzen inhaltlichen Rückschau zur re:publica bleibt bei uns vor allem hängen, dass wir alle gut Acht geben müssen. Wir alle, wir als eure Berater*innen und ihr als unsere Partner*innen oder Kund*innen, sollten vor und während jedem Projekt folgende vier Fragen beantworten, um Ressourcenverschwendung und negative gesellschaftliche Auswirkungen zu verhindern:

  • Was ist das wirklich wichtige Ziel dieses Datenprojekts?
  • Was sind die Kosten (finanziell, ökologisch, personell, ideell) ?
  • Wie verlässlich sind die Lösungen (technologisch, den Wahrheitsgehalt betreffend)?
  • Ist die Lösung ethisch vertretbar? Welche negativen ethischen Auswirkungen müssen vermieden werden?

 

Unsere Highlights abseits von KI- und Datenthemen und abseits der großen Stages 1 und 2

  • Der Vortrag von Carolin Emcke „Queer Leben – Eine Intervention” war eines unserer persönlichen Highlights, der zurecht stehende Ovationen bekam –  für einen mitnehmenden, verständlichen, emotionalen aber durchaus auch positiven Blick in die Zukunft, wenn wir den Mut finden, Einspruch zu erheben gegen Hetze und Spott und Eintreten für eine offene Gesellschaft.
Carolin Emcke ist mit ihrem emotionalen Vortrag nicht nur uns in positiver Erinnerung geblieben.

Carolin Emcke ist mit ihrem emotionalen Vortrag nicht nur uns in positiver Erinnerung geblieben.

  • Teun Toebes zog mit 21 Jahren für über 3 Jahre in ein Pflegeheim für Menschen mit Demenz und berichtete über seine Erfahrungen in seinem Vortrag „Human Forever – Eine menschlichere Zukunft der Pflege”. Einer von fünf Menschen wird in Zukunft von Demenz betroffen sein. Sein Appell: wir sollten Menschen nicht aufgeben und sie nicht nur verwahren, sondern weiterhin am Leben teilhaben lassen.

 

  • Annie Slemrod und Jordan Byron erzählten in ihrem Gespräch „War and Crisis Journalism: Unveiling the Unseen” mit Anna Ramskogler-Witt über ihre Erfahrungen als Reporter*innen in Krisengebieten wie dem Yemen und Afghanistan und wie sie selbst lernen mussten, mit dem, was sie vor Ort erlebt haben, umzugehen. Vorschau: Die beiden planen einen gemeinsamen Podcast, auf den wir uns gespannt freuen.

 

Viel Freude beim Nachschauen einiger unserer Highlight-Talks – wo eine Aufnahme verfügbar ist, haben wir euch den Link zum YouTube-Video im Text hinterlegt.

Wenn ihr noch Fragen zur re:publica habt, meldet euch gerne bei unserem Kollegen Dr. Matthias Böck. Schreibt uns auch gerne, was euch über unsere Hightlights hinaus noch interessiert hätte – dann berücksichtigen wir das gerne bei unseren nächsten Konferenz-Rückschauen. Und wer weiß – vielleicht treffen wir uns im nächsten Jahr live vor Ort auf der re:publica.

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